Rechtschreibung siebenbürgisch-sächsischer Mundarttexte

Quelle: Hanni Markel, Nürnberg (HdH, 14.10. 2007)

Diese Seite bietet eine Übersicht über die Regeln zur Schreibung siebenbürgisch-sächsischer Mundarttexte. Die Rechtschreibregeln sind in den Schreibweise siebenbürgisch-sächsischer Mundarttexte dokumentiert. Diese Regeln sollen helfen, die Mundarttexte einheitlich und verständlich zu schreiben.

Audioanleitung

1. Warum ist die Rechtschreibung siebenbürgisch-sächsischer Mundarttexte so inkonsequent?

Die Uneinheitlichkeit in der Rechtschreibung siebenbürgisch-sächsischer Mundarttexte ist historisch bedingt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts orientierte man sich zwar an der hochdeutschen Rechtschreibung, doch die erheblichen Abweichungen des Dialekts von der Schriftsprache und die Komplexität seiner Besonderheiten machten eine allgemein gültige Regelung schwierig. Eigener Ermessensspielraum und drucktechnische Gegebenheiten haben das Schriftbild stets mitbestimmt. Zudem konnten Sänger und Darsteller in gewachsenen Gemeinschaften Texte an ihre eigene Sprechweise anpassen, wodurch eine standardisierte schriftliche Fixierung weniger dringlich erschien. In jüngerer Zeit hat sich die Situation durch die Zerstreuung der Sprechergemeinschaft (Diaspora) und die Anpassung an neue Umgebungen noch komplexer gestaltet, da die durchgehende Dialektbeherrschung nicht mehr selbstverständlich ist und die Verständlichkeit für Unkundige(re) durch die Schrift gewährleistet werden muss.

2. Hauptzweck einer standardisierten Rechtschreibung

Der Hauptzweck einer standardisierten Rechtschreibung ist es, das Verstehen des geschriebenen Textes zu gewährleisten. Besonders in der gegenwärtigen Mundartsituation, in der die Sprechergemeinschaft zerstreut ist und die Dialektbeherrschung abnimmt, soll der geschriebene/gedruckte Text in möglichst eindeutiger Lesbarkeit auch für Unkundige(re) mündlich nachvollziehbar sein. Eine Vereinheitlichung hilft, den Dialekt zu bewahren und zugänglicher zu machen.

3. Allgemeine Grundsätze der Rechtschreibrichtlinien

  • Die Mundartlautung soll durch das Schriftbild möglichst getreu wiedergegeben werden.
  • Das Schriftbild soll dem hochdeutschen so weit wie möglich entsprechen, um das fließende Lesen zu erleichtern.
  • Grafische Erkennbarkeit des Wortes hat in Zweifelsfällen Vorrang.
  • Auch bei Verzicht auf Längungszeichen sind spezielle Schriftzeichen in beschränktem Maße unverzichtbar.
  • Die Schreibung sollte durch Anleitungen zum Lesen aufgeschlüsselt werden.
  • Technische Schreib- und Druckvoraussetzungen sind zu berücksichtigen.

4. Spezielle Zeichen und Schreibweisen für Vokale und Diphthonge

  • Å/å: Für lange und kurze Vokale (z.B. Åålder, båcken).
  • y: Für Laut wie rumänisches î/â (z.B. Rym, Bym).
  • Trema (ë, ï): Annulliert hochdeutsche Sonderlautung (z.B. reïßen).
  • ië: Für Doppellaut i-e (z.B. Wiëch, giën).
  • ai: Für au (z.B. aißen für hinaus).
  • eo/äo: Für eu/äu (z.B. veol, mäochen).

5. Darstellung abweichender Konsonantenlaute

  • ġ: Für stimmhaften Reibelaut (z.B. moġer, froġen).
  • Sh/sh: Für stimmhaftes sch (z.B. Shäpp, Shandar).
  • Mouillierung: d, t, n, l mit nachgestelltem j (z.B. Ledjen, Zetj).
  • Gutturalisierung: durch vorangestelltes g oder k (z.B. legden, Zekt).
  • Nasalisierung: durch nachgestelltes g oder k (z.B. meng, lånk).
  • -scht-: bei Abweichung im Inlaut (z.B. Wurscht).

6. Regeln zur Vokallänge und -kürze

  • Dehnung durch Vokalverdopplung (z.B. Dååch vs. Dach).
  • Dehnung durch nachfolgendes h (z.B. KahKuh).
  • Dehnung des i durch e (z.B. SchnieSchnee).
  • Dehnung durch ß (z.B. RueßRoss).
  • Dehnung durch Entschärfung (z.B. säzen statt setzen).
  • Kürzung durch Konsonantenverdopplung (z.B. KadderKater).
  • Ausnahmen: s, ng, ch, sch nicht verdoppelt.
  • Neue ss-Regelung (z.B. sesssüß).
  • Kürzung durch Aufhebung der Dehnung (z.B. beremtberühmt).

7. Zusammenschreibung und Apostrophgebrauch

  • Zusammenschreibung: Nach hochdeutschem Modell (z.B. außem, änt), kein Apostroph.
  • Apostroph: Nur bei Auslassungen (z.B. äs’t, ’t äs), Kleinschreibung nach Apostroph am Satzanfang.
  • Verben 2. Person Singular ohne -t getrennt geschrieben (z.B. gyihs te).

8. Dialektale Unterschiede und ihre Berücksichtigung

Dialektale Unterschiede stellen eine Herausforderung dar. Richtlinien berücksichtigen spezifische nord- und südsiebenbürgische Varianten, z.B.:

  • Verwendung von Å/å (nordsiebenbürgisch: bockng, olle).
  • Mouillierung, Gutturalisierung und Nasalisierung bei Konsonanten.
  • Vokallängenunterschiede (z.B. Bach kurz im Südsiebenbürgischen, lang im Nordsiebenbürgischen).

Ziel bleibt eine konsistente Schreibung zur besseren Lesbarkeit trotz dialektaler Vielfalt.